
Was hält Hoffnung lebendig, Schwester Renate?
Schwester Renate, was bedeutet Hoffnung für dich?
Wenn ich an Hoffnung denke, kommt mir zuerst das Wort Zuversicht in den Sinn. Das heißt, auch wenn es im ersten Moment nicht gut ausschaut, darauf vertrauen, dass es einen Sinn hat und dass es letztlich gut ausgeht. Hoffnung heißt für mich, sich nicht gleich einschüchtern zu lassen und darauf zu vertrauen, dass wir letztendlich vom Herrn gelenkt sind, dass er auf uns schaut.
Im Alltag merke ich das oft im Kleinen: Man plant seinen Tag – und plötzlich passiert etwas Unerwartetes, etwa wenn eine ältere Mitschwester stürzt, jemand krank wird. Dann heißt es handeln, da sein, umdisponieren – und zugleich darauf vertrauen, dass sich am Ende alles gut fügt.
Was gibt dir Hoffnung?
Hoffnung geben mir Menschen, die trotz schwieriger Lebensumstände positiv bleiben – das sind für mich Hoffnungszeichen, auch mitten in all dem Negativen, das wir täglich hören.
Es sind auch die kleinen Dinge. Wenn ich durchs Schulhaus gehe und die Schülerinnen und Schüler grüßen freundlich, haben ein Lächeln im Gesicht – das sind so kleine, hoffnungsvolle Gesten. Das ist schön und tut gut.
Es kommt, glaube ich, auch sehr auf die eigene Haltung an. Wie stehe ich im Leben? Dankbarkeit spielt da meiner Meinung nach eine große Rolle. Bei meinen älteren Mitschwestern spüre ich sie stark: Sie sind dankbar, dass gesorgt ist, dass jemand da ist. Und es trägt, wenn man merkt: wir sind im Gebet miteinander verbunden. Angenommen sein, so wie man ist – das ist für mich Hoffnung.
Wie hältst du Hoffnung lebendig? Wo sind deine Kraftquellen?
Ich gehe gerne in die Natur, ebenso tut mir die Stille und das Gebet gut. Da komme ich anders zurück und kann wieder neu durchstarten. Gemeinschaft ist wichtig, aber auch die ruhigen Momente für sich selbst.
Gespräche mit Menschen bedeuten mir ebensoviel. Ob im gemütlichen Beisammensitzen oder bei Gesprächen, die in die Tiefe gehen. Das ist immer ein Austausch, der trägt und bereichert.
Ein Foto, das Sr. Renate Schobesberger beim Spazierengehen aufgenommen hat: Es scheint, als würde man sich einem Tor aus Licht nähern, das es so gar nicht geben kann. Aber es taucht einfach vor einem auf. Mit der Hoffnung ist es oft genauso.
Du begleitest junge Menschen beim VIDES-Freiwilligendienst. Was macht dich da hoffnungsvoll?
Es freut mich jedes Mal, wenn junge Leute sich aufmachen zu einem Auslandseinsatz. Weil ich aus der Erfahrung weiß: für sie wird es ein Geschenk – und sie schenken auch anderen etwas. Diese Erfahrung begleitet sie ein Leben lang und prägt ihre Lebensgeschichte. Sie kommen anders zurück. Sie sehen das Leben in ihrer Heimat aus einer anderen Perspektive, mit einem differenzierten Blick.
Hoffnung gibt mir auch, wenn Menschen fähig sind zur Reflexion. Wenn sie nicht einfach unbedarft durch den Tag gehen, sondern sich kritisch mit der Gesellschaft auseinandersetzen und sich für andere engagieren. Aus dem Kreis der ehemaligen Freiwilligen sind nicht wenige hervorgegangen, die sich auch später noch mit Begeisterung einsetzen. Das ist für mich ein starkes Zeichen der Hoffnung.