Ein Jahr in Ashaiman

Melanie Kaltenbrunner sagt über sich selbst, sie sei nie so die Mutige gewesen, wenn es ums Fortfahren ging. Trotzdem hat sich die junge Elementarpädagogin aus Oberösterreich für einen Freiwilligeneinsatz in der weit entfernten Stadt Ashaiman in Ghana entschieden. Ein Einsatzbericht.
Text: Karoline Golser
Foto: privat

Schon bei meiner Ankunft in Ghana spürte ich, dass ich hier in eine ganz neue Kultur eintauchen werde. Während der Autofahrt vom Flughafen zu den Don Bosco Schwestern hörten wir Afrobeats. Sobald ich aus dem Autofenster blickte, sah ich überall Frauen, die alle möglichen Dinge auf ihren Köpfen transportierten. Ich spürte den ,,Spirit of Africa“ und es war ein großartiges Gefühl.
Bei den Schwestern fühlte ich mich sofort wohl. Momentan leben vier Schwestern in Ashaiman. Hier gibt es ein Wohnheim für Mädchen zwischen 15 und 23 Jahren und die ,,Blessed Laura Catholic School“, die von der Kinderkrippe bis zur Junior Highschool reicht. Ich arbeite im Kindergarten als Assistenzlehrkraft. Den Kindergarten hier würden wir eher schon als Schule einstufen. Die Kinder lernen bereits schreiben, rechnen und lesen. Sie sitzen die meiste Zeit des Tages an ihren Tischen und erledigen ihre Aufgaben.
Die Lehrerin ist aber sehr offen und interessiert an kreativen und spielerischen Lernmethoden für die Kinder. Jeden Morgen gibt es ein Ritual, wo gesungen und getanzt wird. Auch während des Tages wird immer wieder gesungen, die Kinder kennen unglaublich viele Lieder und Reime.
Die Kinder suchen nach viel Zuwendung. Wenn ich bei ihnen bin, gibt es kaum einen Moment, wo sich nicht eines an meine Arme oder Beine klammert. Sobald ich morgens aus dem Haus komme, laufen mir auch schon die ersten entgegen und umarmen mich. Das Schöne ist, dass all die Liebe, die man ihnen schenkt, genauso wieder zurückkommt.

Leider ist hier Gewalt als Erziehungsmaßnahme noch sehr präsent. Kinder erzählen mir immer wieder davon, wie sie von ihren Eltern zu Hause geschlagen werden. Auch in vielen Schulen wird physische Bestrafung angewendet, obwohl es gesetzlich in Ghana verboten ist. In der Schule der Schwestern wird immer wieder deutlich gemacht, dass Gewalt hier keinen Platz hat. Trotzdem wird Gewalt von Lehrpersonen ausgeübt. Die meisten sind selbst mit solchen Erziehungsmethoden aufgewachsen und kennen keine anderen. Auch die Kinder schlagen sich sehr häufig gegenseitig, da sie genau das bei den Erwachsenen sehen. Ein Teufelskreis also, den man nicht von heute auf morgen stoppen kann. Es zeigen sich aber schon Fortschritte. Durch Aufklärung und Vermittlung von Alternativen wird die Gewalt in der Erziehung weniger.
Viele Kinder wachsen hier mit schwierigen Erfahrungen auf. Umso wichtiger ist es, dass sie einen Ort haben, wo sie sich wohlfühlen. Wie alle Kinder lieben sie es, zu spielen, und sind schnell zu begeistern. Gerade nach der Schule, wenn ich mit ihnen auf ihre Eltern warte, haben wir immer besonders viel Spaß. Wir singen, tanzen, spielen und unterhalten uns über Gott und die Welt.
Ich bin sehr glücklich, hier zu sein und so viele Erfahrungen sammeln zu dürfen. Ich habe Ghana und die Menschen hier in mein Herz geschlossen.